Ver­äu­ße­rung einer frei­be­ruf­li­chen Ein­zel­praxis nicht immer steu­er­lich begüns­tigt

Zu den Ein­künften aus selbst­stän­diger Arbeit gehört auch der Gewinn aus der Ver­äu­ße­rung des ganzen Ver­mö­gens, das der selbst­stän­digen Arbeit dient (Pra­xis­ver­äu­ße­rung). Für diesen Ver­äu­ße­rungs­ge­winn sieht das Ein­kom­men­steu­er­ge­setz eine Tarif­be­güns­ti­gung vor.

Die steu­er­be­güns­tigte Ver­äu­ße­rung einer Praxis setzt voraus, dass der Steu­er­pflich­tige die für die Aus­übung der selbst­stän­digen Tätig­keit wesent­li­chen ver­mö­gens­mä­ßigen Grund­lagen ent­gelt­lich und defi­nitiv auf einen anderen über­trägt. Hierzu gehören ins­be­son­dere die imma­te­ri­ellen Wirt­schafts­güter der Praxis wie Pati­enten- oder Man­dan­ten­stamm bzw. Pra­xis­wert. Zusätz­lich muss der Ver­äu­ßerer seine frei­be­ruf­liche Tätig­keit in dem bis­he­rigen ört­li­chen Wir­kungs­kreis wenigs­tens für eine gewisse Zeit ein­stellen.

Die „defi­ni­tive” Über­tra­gung des Pati­enten- bzw. Man­dan­ten­stamms lässt sich i. d. R. erst nach einem gewissen Zeit­ab­lauf abschlie­ßend beur­teilen. Nach einer Ent­schei­dung des Bun­des­fi­nanz­hofs vom 21.8.2018 führt eine Zeit­spanne von 22 Monaten bis zur Wie­der­eröff­nung der Ein­zel­praxis nicht zu einer defi­ni­tiven Über­tra­gung des Pati­enten- bzw. Man­dan­ten­stammes auf den Erwerber. Damit kommt es auch nicht zu einer tarif­be­güns­tigten Pra­xis­ver­äu­ße­rung.

Neben der Dauer der Ein­stel­lung der frei­be­ruf­li­chen Tätig­keit ist u. a. die räum­liche Ent­fer­nung einer wieder auf­ge­nom­menen Berufs­tä­tig­keit zur ver­äu­ßerten Praxis von Bedeu­tung. Des Wei­teren sind die Ver­gleich­bar­keit der Betä­ti­gungen, die Art und Struktur der Man­date, eine zwi­schen­zeit­liche Tätig­keit des Ver­äu­ße­rers als Arbeit­nehmer oder freier Mit­ar­beiter des Erwer­bers sowie die Nut­zungs­dauer des erwor­benen Pra­xis­werts zu berück­sich­tigen.

Anmer­kung: Wird der Ver­äu­ßerer als Arbeit­nehmer oder als freier Mit­ar­beiter im Auf­trag und für Rech­nung des Erwer­bers tätig, ist dies grund­sätz­lich unschäd­lich. Dar­über hinaus kann es auch unschäd­lich sein, wenn der Steu­er­pflich­tige seine bis­he­rige frei­be­ruf­liche Tätig­keit nur in einem geringen Umfang fort­führt. Eine Tätig­keit von geringem Umfang nimmt der BFH an, wenn die darauf ent­fal­lenden Umsätze in den letzten drei Jahren vor der Ver­äu­ße­rung weniger als 10 % der gesamten Ein­nahmen aus­machten.