Eigen­be­darfs­kün­di­gung – Sach­ver­halts­auf­klä­rung bei Här­te­fall­klausel

Im Falle einer Eigen­be­darfs­kün­di­gung sind sowohl auf Seiten des Ver­mie­ters wie auf Seiten des Mie­ters grund­recht­lich geschützte Belange (Eigentum, Gesund­heit) betroffen. Daher sind eine umfas­sende Sach­ver­halts­auf­klä­rung sowie eine beson­ders sorg­fäl­tige Abwä­gung erfor­der­lich, ob im jewei­ligen Ein­zel­fall die Inter­essen des Mie­ters an der Fort­set­zung des Miet­ver­hält­nisses die­je­nigen des Ver­mie­ters an dessen Been­di­gung über­wiegen.

Nach dem Bür­ger­li­chen Gesetz­buch kann ein Mieter der Kün­di­gung des Ver­mie­ters wider­spre­chen und von ihm die Fort­set­zung des Miet­ver­hält­nisses ver­langen, wenn die Been­di­gung des Miet­ver­hält­nisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Ange­hö­rigen seines Haus­halts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Wür­di­gung der berech­tigten Inter­essen des Ver­mie­ters nicht zu recht­fer­tigen ist (Här­te­fall­re­ge­lung).

Die Fak­toren Alter und lange Miet­dauer mit einer damit ein­her­ge­henden Ver­wur­ze­lung im bis­he­rigen Umfeld des Mie­ters wirken sich unter­schied­lich stark aus. Sie recht­fer­tigen des­halb ohne wei­tere Fest­stel­lungen zu den sich daraus erge­benden Folgen im Fall eines erzwun­genen Woh­nungs­wech­sels grund­sätz­lich nicht die Annahme einer Härte.

Der Bun­des­ge­richtshof ent­schied daher in seinen Urteilen vom 22.5.2019, dass ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­achten regel­mäßig von Amts wegen ein­zu­holen sein wird, wenn der Mieter eine mög­liche Ver­schlech­te­rung seines Gesund­heits­zu­standes durch ärzt­li­ches Attest belegt hat. Hier gilt es zu klären, an wel­chen Erkran­kungen der betrof­fene Mieter kon­kret leidet und wie sich diese auf seine Lebens­weise und Auto­nomie sowie auf seine psy­chi­sche und phy­si­sche Ver­fas­sung aus­wirken.

Dabei ist auch von Bedeu­tung, ob und inwie­weit sich die mit einem Umzug ein­her­ge­henden Folgen mit­tels Unter­stüt­zung durch das Umfeld bezie­hungs­weise durch beglei­tende Behand­lungen min­dern lassen. Nur eine solche Auf­klä­rung ver­setzt die Gerichte in die Lage, eine ange­mes­sene Abwä­gung bei der Här­te­fall­prü­fung vor­zu­nehmen.